Am 17.09.2020 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das neue Wohnungseigentumsgesetz beschlossen.
Das neue Gesetz, welches ab dem 01.12.2020 gilt, bringt für Wohnungseigentümer und für WEG-Verwalter grundlegende Veränderungen mit sich.
Nachfolgend sollen die wichtigsten Änderungen kurz aufgezeigt werden:
1. Eigentümerversammlungen
Das Recht der Eigentümerversammlung wird wesentlich vereinfacht. Die Ladungsfrist zur Eigentümerversammlung wird kraft Gesetzes von zwei auf drei Wochen verlängert.
Demgegenüber ist eine Eigentümerversammlung nunmehr immer beschlussfähig, unabhängig davon, wie viele Eigentümer anwesend bzw. vertreten sind.
Die Eigentümergemeinschaften können darüber hinaus beschließen, dass Eigentümern gestattet wird, online an den Eigentümerversammlungen teilzunehmen und ggf. auch online abzustimmen (z. B. Skype, Zoom, Microsoft Teams oder ähnliche Programme). Ob und wie dies zukünftig in Eigentümerversammlungen zugelassen wird, entscheidet alleine die Eigentümergemeinschaft. Zu beachten sind hier jedoch die Grundsätze der Nichtöffentlichkeit von Eigentümerversammlungen. Dies muss auch bei Online-Teilnahme sichergestellt werden. Sämtliche Kosten für die Herrichtung der Möglichkeit zur Online-Teilnahme auf Seiten des Verwalters trägt die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Weiter sind Eigentümerversammlungen auch zukünftig zwingend Präsenzversammlungen.
Bisher mussten Vollmachten in Schriftform im Original in der Eigentümerversammlung vorgelegt werden. Nach neuem Wohnungseigentumsrecht ist es ausreichend, wenn die Vollmacht in Textform vorliegt. Dies bedeutet, dass die Vollmacht auch per E-Mail, Fax, über CASAVI oder Ähnlichem erteilt werden kann.
Beschlüsse auf Eigentümerversammlungen werden fast ausnahmslos (außer § 21 (2) Abs. 1) zukünftig mit einfacher Mehrheit getroffen.
2. Umlaufbeschlüsse
Beschlüsse ohne Eigentümerversammlung im Wege eines Umlaufbeschlusses sind weiterhin grundsätzlich nur dann gültig, wenn sämtliche Eigentümer in Textform zugestimmt haben.
Die Eigentümergemeinschaft kann jedoch auf einer Eigentümerversammlung für einzelne Punkte bestimmen, dass ein Umlaufbeschluss nach der Eigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. Dies bietet sich z. B. in den Fällen an, in denen zur Eigentümerversammlung noch nicht sämtliche Angebote von Handwerksfirmen vorlagen. Die Abstimmung könnte danach im Umlaufverfahren erfolgen, wenn alle Angebote vorliegen.
3. Kostenverteilung
Die Eigentümer können gem. § 16 (2) Satz 2 für einzelne Kosten bzw. Kostenarten die Kostenverteilung mit einfacher Mehrheit neu regeln.
4. Bauliche Veränderungen
Nach „altem“ Recht konnten bauliche Veränderungen regelmäßig nur „allstimmig“, d.h. mit Zustimmung aller Eigentümer bzw. durch Beschlussfassung durch einen „Zitterbeschluss“ vorgenommen werden. Nunmehr können alle baulichen Veränderungen, mit Ausnahme einer „grundlegenden Umgestaltung“ oder einer „unangemessenen Benachteiligung eines Eigentümers“, mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Auf bestimmte bauliche Veränderungen hat jeder Eigentümer Anspruch und zwar bzgl.:
• Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge (z.B. Wallbox in der Tiefgarage)
• Behindertengerechte Einrichtungen (z.B. Rampen, Treppenlifte)
• Einbruchschutzmaßnahmen
• Schnelles Internet (z.B. Glasfaserkabel)
• Bauliche Veränderungen ohne wesentliche Bedeutung für die anderen Eigentümer (z.B. Wanddurchbruch in der eigenen Wohnung)
In diesen Fällen muss die Eigentümerversammlung dem Antrag eines einzelnen Eigentümers zustimmen. Er trägt aber auch die Kosten alleine. Die Gemeinschaft kann dem Eigentümer solche Maßnahmen gestatten, sie selbst ausführen oder dem einzelnen Eigentümer das „Wie“ vorschreiben.
Bei Beschlüssen über bauliche Veränderungen mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen und mindestens 50 % der Miteigentumsanteile tragen alle Eigentümer (auch diejenigen die nicht anwesend waren oder die dagegen gestimmt haben) die Kosten. Gleiches gilt für Beschlüsse über bauliche Veränderungen, deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraumes amortisieren.
Bei Beschlüssen die zwar mehrheitlich gefasst wurden aber nicht mit der qualifizierten Mehrheit beschlossen wurden, tragen nur diejenigen Eigentümer die Kosten, die für den Antrag gestimmt haben.
Nur diese, sich an den Kosten beteiligten Eigentümer, sind dann auch zur Nutzung berechtigt.
5. Vorgehen gegen Störer
Nach „altem“ Recht musste immer der einzelne Eigentümer gegen seine Miteigentümer vorgehen, wenn diese störten oder z.B. ihr Eigentum zweckwidrig nutzten.
Nunmehr ist Anspruchsinhaber, sollte es sich nicht um eine Störung ausschließlich im Bereich des Sondereigentums des einzelnen Eigentümers handeln, (z.B. Ruhestörung, Essengerüche, etc.), die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Verwalter hat daher im Auftrag der Gemeinschaft gegen den Störer vorzugehen.
6. Wohnungseigentümergemeinschaft
Nach dem neuen Gesetz ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr voll umfänglich rechtsfähig.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird nach außen hin durch den WEG-Verwalter vertreten (wie ein Geschäftsführer einer GmbH). Ausgenommen hiervon sind lediglich Grundstückskauf- und Darlehensverträge.
Gegenüber den Eigentümern ist der Verwalter wie bisher an den Verwaltervertrag und die Beschlüsse gebunden.
Ohne Beschlussfassung oder ohne entsprechende Ermächtigung im Verwaltervertrag kann der Verwalter künftig auch nur über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Die Befugnisse können aber durch Beschluss oder Verwaltervertrag entsprechend ausgeweitet werden.
7. Zertifizierter Verwalter
Nach dem neuen Gesetz hat jeder einzelne Eigentümer Anspruch darauf, dass ein „zertifizierter Verwalter“ bestellt wird. Die Zertifizierung erfolgt durch die Industrie- und Handelskammer. Dieser Anspruch der Eigentümer wird zukünftig dafür sorgen, dass die Qualität der Verwalter weiter gesteigert wird.
In „kleineren Wohnungseigentümergemeinschaften“, d. h. unter neun Sondereigentumsrechten, besteht dieser Anspruch nur, wenn mehr als 1/3 der Wohnungseigentümer dies fordern.
Diese Regelung gilt ab dem 01. Dezember 2022!
8. Verwalterabberufung
Die Eigentümer haben nunmehr das Recht, einen Verwalter jederzeit ohne Grund mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Der Verwaltervertrag und damit die Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer enden spätestens 6 Monate nach Abberufung.
Diese Änderung im Gesetz gibt den Eigentümern eine größere Flexibilität. Bisher waren die Eigentümer an den Verwalter bis zum Ende der Bestellungszeit (max. 5 Jahre) gebunden.
9. Verwaltungsbeirat
Die Regelungen zum Verwaltungsbeirat wurden ebenfalls angepasst.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann nunmehr die Zahl der Beiratsmitglieder flexibel durch Beschluss festlegen. Bisher bestand der Beirat zwingend aus drei Beiratsmitgliedern.
Die Haftung eines ehrenamtlichen Beirates wurde durch das Gesetz auf Vorsatz und/oder grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Dadurch sollen mehr Eigentümer motiviert werden, das Amt des Beirats zu übernehmen.
10. Einsicht in Verwaltungsunterlagen
Jeder Eigentümer hat nunmehr das Recht auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen gegenüber der Gemeinschaft der Eigentümer und nicht mehr, wie in der Vergangenheit, gegenüber dem Verwalter.
Das Gleiche gilt zukünftig auch für Individualansprüche einzelner Eigentümer gegen die Verwaltung. Auch diese Ansprüche bestehen erst einmal nur gegen die Gemeinschaft der Eigentümer und nicht gegen den Verwalter.
11. Jahresabrechnung / Vermögensbericht
Jeder Eigentümer hat nunmehr Anspruch auf Vorlage eines Vermögensberichtes nach Ablauf des Kalenderjahres.
Der Beschluss über die Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan beschränkt sich ausschließlich auf das Abrechnungsergebnis. Das Rechenwerk selbst wird zukünftig nicht mehr Beschlussgegenstand über die Jahresabrechnung.
12. Erweiterung der Sondereigentumsfähigkeit
Auch Außenstellplätze können nunmehr Sondereigentum sein (bisher nur Stellplätze in der Tiefgarage) und damit ein eigenes Grundbuch erhalten.
13. Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft sind nunmehr auch Mieter verpflichtet, Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage zu dulden.
Zukünftig wird es aber die Aufgabe der Verwaltung sein, die Mieter mit einer Vorlaufzeit von mindestens 3 Monaten über Sanierungsmaßnahmen zu informieren.
Autoren: Tobias Hübner, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht & Frauke Fölster, Dipl. Betriebswirtin (HAF), Geschäftsführerin